Gewaltfreie Erziehung
Abstimmungsfrage
Soll das Recht auf gewaltfreie Erziehung im Gesetz aufgenommen werden?
Kinder und Jugendliche haben gemäss Bundesverfassung Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung. Die Abschaffung des Züchtigungsrechts der Eltern im Jahr 1978 war ein erster Schritt hin zum Schutz der physischen Integrität des Kindes. Gewalt gegenüber Kindern im Rahmen der elterlichen Erziehung ist bereits nach geltendem Recht nicht erlaubt. Namentlich das Strafrecht und der zivilrechtliche Kindesschutz schützen Kinder vor Gewalt in der Familie. Dennoch besteht Rechtsunsicherheit sowie traditionelle Verhaltensmuster, die dazu führen können, dass die Anwendung von Gewalt gegenüber Kindern in unserer Gesellschaft noch immer vertretbar erscheint. Jedes zweite Kind in der Schweiz erlebt in der Erziehung psychische und/oder physische Gewalt, rund 130'000 Kinder werden in der Schweiz geschlagen. Deshalb bedarf Artikel 11 der Bundesverfassung einer Konkretisierung, und zwar im Zivilgesetzbuch (ZGB).
Ein Bericht des Bundesrates zeigt jedoch, dass die gewaltfreie Erziehung heute nicht gesetzlich verankert ist, sondern aus anderen Bestimmungen abgeleitet werden muss. Sogar das Bundesgericht hat die Frage offengelassen, ob Eltern unter Umständen ein Züchtigungsrecht haben.
Mit der Unterzeichnung der UN-Konvention für die Rechte des Kindes (UN-KRK) 1997 hat sich die Schweiz völkerrechtlich verpflichtet, Kinder vor jeder Form von Misshandlung durch ihre Eltern oder andere Betreuungspersonen zu schützen sowie entsprechende Präventions- und Behandlungsprogramme anzubieten. Dazu gehört ein gesetzlich verankertes Recht auf gewaltfreie Erziehung. Die Schweiz wurde von der Uno bereits zweimal gerügt, weil sie noch keine entsprechenden Schritte unternommen hat. Die Schweiz gehört in Europa zu einer Minderheit von Staaten, die Gewalt in der Erziehung noch nicht gesetzlich verboten hat.
Dass körperliche Gewalt in der Kindererziehung keinen Platz hat, ist auch für den Bundesrat unbestritten. Eltern müssen ihren Kindern Sicherheit, Schutz und Halt geben, sie müssen ihnen aber auch Regeln und Werte vermitteln. Wie sich Eltern dabei zu verhalten haben, lässt sich in einer gesetzlichen Regel allerdings kaum befriedigend umschreiben. Der Bundesrat hat daher weiterhin Vorbehalte gegenüber der geforderten Ergänzung des Zivilgesetzbuches. Wichtig erscheint dem Bundesrat vor allem ein gut ausgebautes Kinder- und Jugendhilfesystem sowie die Prävention durch aktive Sensibilisierungsmassnahmen.
Pro-Argumente
- Ein Artikel für das Recht auf gewaltfreie Erziehung hat eine hohe Signalwirkung und führt längerfristig zu einem gesellschaftlichen Sinneswandel.
- Seit 1978 hat sich nicht viel getan bezüglich Schutz der Kinder und deren Recht auf Unversehrtheit.
- Trotz Verweis auf das Strafrecht gibt es Rechtsunsicherheit.
Kontra-Argumente
- Die geltende Rechtslage genügt zum Schutz der Kinder (insb. Strafrecht).
- Die „Erziehung“ soll nicht im Zivilgesetzbuch vorgeschrieben werden.
- Die Hilfestellung für betroffene Eltern und die Prävention sollen ausgebaut werden.
Weitere Informationen unter parlament.ch
Abstimmungsfrage: Soll das Recht auf gewaltfreie Erziehung im Gesetz aufgenommen werden?
Argumente
Pro
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Ja, im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) soll das Recht auf gewaltfreie Erziehung verankert werden.
Kontra
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Nein, die aktuelle Rechtslage reicht aus, um die gewaltfreie Erziehung durchzusetzen.