Schutz für Whistleblower
Abstimmungsfrage
Soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit Whistleblower keine rechtlichen Konsequenzen befürchten müssen?
"Whistleblower" sind Arbeitnehmer, die auf Missstände am Arbeitsplatz hinweisen. Dadurch setzen sie sich unter Umständen rechtlichen Konsequenzen aus, insbesondere dem Risiko einer Kündigung. Heute wissen Arbeitnehmer nicht, ob und wem sie Meldung über Unregelmässigkeiten machen dürfen. Die Arbeitgeber wiederum sind im Unklaren darüber, wie sie reagieren sollen. Damit Arbeitnehmer klare Regelungen haben, um auf Missstände aufmerksam machen zu können, wurden in den letzten Jahren im Parlament unterschiedliche Massnahmen besprochen:
Kaskaden-Regelung gesetzlich verankern
Der Bundesrat hat 2013 eine Anpassung im Obligationenrecht (OR) vorgeschlagen, demnach eine Meldung in der Regel nur dann zulässig ist, wenn sie zuerst an den Arbeitgeber, anschliessend an eine Behörde und erst als letztmöglicher Weg an die Öffentlichkeit erfolgt. Damit soll der Arbeitgeber die Möglichkeit bekommen, Missstände beheben zu können, bevor sie in die Medien kommen. Diese Regelung würde potenziellen Whistleblowern helfen, sich richtig nach dem festgelegten Prozess zu verhalten. Dieser Vorschlag wurde von National- und Ständerat in mehreren Sessionen als „hyperbürokratisch“ beurteilt und deswegen abgelehnt.
Ausbau des Kündigungsschutzes
Heute wird eine Kündigung nach Aufdeckung eines Missstandes als „missbräuchlich/ungerechtfertigt“ gewertet und mit 6 Monatslöhnen entschädigt. Um eine Kündigung zu vermeiden, kann der Kündigungsschutz auch im Gesetz ausgebaut werden. Diese Massnahme fand in den nationalen Räten ebenfalls keine Mehrheit.
Einrichtung einer Meldestelle für Unternehmen
Um zu erreichen, dass "Whistleblower" keine rechtlichen Konsequenzen befürchten müssen, sollen Unternehmen ab einer gewissen Grösse verpflichtet werden, eine unabhängige Meldestelle für "Whistleblower" einzurichten. Die Schaffung einer solchen Meldestelle in Unternehmen ist mithin ein Mittel zur Erreichung des Ziels, nämlich des Schutzes von "Whistleblowing".
Umsetzung in der EU
In der EU werden neue Rahmenbedingungen für Whistleblower geschaffen. Bis 17. Dezember 2021 müssen die Mitgliedsstaaten die EU-Richtlinie 2019/1937 ins nationale Recht implementiert haben. Diese sieht vor, dass Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden eine Meldestelle zur Verfügung stellen müssen, bei der sich Whistleblower vertraulich melden können; Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden haben Zeit bis Ende 2023, Die EU bietet damit einen flächendeckenden Mindeststandard zum Schutz von Whistleblowern. Die europäische Politik bemängelt den unklaren juristischen Sachverhalt in der Schweiz.
Pro-Argumente
- Damit die Schweiz in Europa wettbewerbsfähig bleibt, soll die EU-Vorgabe umgesetzt werden.
- Ein Schutz der Whistleblower fördert die Transparenz in der Wirtschaft.
- Im Schweizer Privatrecht bestehen Lücken, die es Whistleblowern erschweren, einen Missstand zu melden.
Kontra-Argumente
- Über 60% der Unternehmen haben bereits eine Meldestelle für Whistleblower eingerichtet.
- Die Kaskaden-Regelung im OR ist zu kompliziert, der Kündigungsschutz ist überflüssig.
- Eine Meldestelle schützt den Whistleblower nicht vor Benachteiligung.
Weitere Informationen unter parlament.ch (Motion 23.3844 / Motion 21.4615)
Abstimmungsfrage: Soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit Whistleblower keine rechtlichen Konsequenzen befürchten müssen?
Argumente
Pro
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Ja, es soll im OR eine Kaskaden-Regelung verankert werden, damit Whistleblower straffrei dem Unternehmen einen Missstand melden können.
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Ja, der Kündigungsschutz soll ausgebaut werden, damit Whistleblowern nicht gekündigt werden kann
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Ja, es soll per Gesetz eine Meldestelle für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden verordnet werden
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Ja, es sollen alle drei Massnahmen umgesetzt werden.
Kontra
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Nein, es braucht keine gesetzliche Grundlage für den Schutz von Whistleblowern.